Auf nach Gabun, das ist der Plan! Wie wir von anderen Overlandern erfahren haben, verlangt der Immigrationsbeamte an der Grenze eine Hotelbuchung von Gabun. Es ist wirklich lächerlich, denn allen ist klar, dass Overlanders normalerweise nicht in Hotels gehen sondern irgendwo wild campen oder spontan eine Unterkunft suchen. Doch wir haben gehört, dass der Beamte tatsächlich anderen Reisenden den Einreisestempel verweigert hat, und sie umdrehen und die Buchung organisieren mussten, bevor sie den Stempel erhalten haben. Also was tut man nicht alles, um Scherereien zu vermeiden – man bucht ein Hotel, in das man nie gehen wird. Unsere morgendliche Tätigkeit besteht also darin, das Hotel zu buchen und die Buchung danach in einem Copy-shop auszudrucken. Da der Beamte an der Grenze manchmal diese Hotels dann auch tatsächlich anruft, um die Buchung zu überprüfen, trauen wir uns noch nicht, die Buchung gleich wieder zu stornieren.
Die Fahrt zur Grenze verläuft problemlos, die Strasse ist wunderbar geteert. Die Ausreise aus Kamerun verläuft speditiv und schon bald fahren wir über den Grenzfluss „Ntem“ und wollen in Gabun einreisen. Der Immigrationsbeamte verhält sich genauso, wie die anderen Reisenden ihn beschrieben haben. Er hinterfragt jedes Detail unserer Reise und macht sich „Notizen“. Die Hotelbuchung möchte er natürlich auch sehen, meint dann aber, dass wir es heute nicht mehr nach Libreville schaffen würden. Wir versuchen, ein nettes Gespräch mit ihm zu führen, und fragen wie weit wir heute wohl noch kommen würden, und so weiter. Nachdem wir unsere Pässe gezeigt haben, möchte er noch unsere Identitätskarten sehen. Die haben wir also wirklich noch überhaupt nie gebraucht hier in Afrika. Wir erklären, dass dort nichts anderes als im Pass steht, doch er beharrt darauf die Karten zu sehen. Er kritisiert, dass auf den ID’s die Elternnamen nicht aufgeführt seien. Wir erklären, dass wir eben nicht wählen können, was auf unseren amtlichen Ausweisen aufgeführt sei, wir ihm die Namen unserer Eltern aber gerne aufschreiben können, was er dann auch verlangt. Die Situation wird etwas lockerer, als er uns mitteilt, dass er genau einen Tag nach Lino geboren wurde – das findet der Beamte sehr cool und ist vielleicht ein Pluspunkt für uns. Er fragt Lino, wie man eine Schweizer Frau herumkriegt, die Frage ist völlig unangebracht und lächerlich. Daraufhin meint er sogar, er würde uns gerne in sein Dorf einladen und uns die Gabunesische Kultur und Küche vorstellen. Ich denke mir innerlich: „Nie im Leben, würde ich mit dir ins Dorf kommen!“ Was man von aussen von uns sieht „nett lächeln und nicken“. Schlussendlich gibt er uns nicht den Einreisestempel im Pass sondern nur ein Einreiseformular, welches wir dann in der nächsten Stadt bei der Immigrationsbehörde abgeben müssen, um dann den Stempel im Pass zu erhalten. Bevor wir losfahren fragt er doch allen Ernstes noch, ob ich nicht eine ledige Schwester für ihn hätte, kotz!
Wir fahren weiter zum Zoll, wo wir unser Carnet abstempeln lassen müssen. Der Beamte hat aber keine Ahnung, was er tun soll und studiert zuerst das komplette Carnet von vorne bis hinten. Vorsichtig versuchen wir, ihm zu erklären, auf welcher Seite er welche Felder ausfüllen muss. Zuerst lässt er sich nichts sagen, doch als er dann noch immer nicht versteht, was er tun soll, hört er uns zu. Anhand seines Verhaltens und seiner Fahne vermuten wir, dass der Beamte bei seiner Arbeit nicht immer ganz nüchtern bleibt. Immerhin schafft er es, schlussendlich den Stempel auf die richtige Seite zu machen – die leeren Felder können wir später auch selbst von Hand noch ergänzen.
Noch bevor wir beim Immigrationsamt in Bitam ankommen erleben wir die nächste Überraschung. Auf der Strasse liegt ein Nagelbrett, unmöglich daran vorbeizufahren. Aus dem Häuschen kommt ein Typ angelatscht und verlangt 2‘000 CFA damit er die Strasse freigibt. Wir fragen freundlich, für was genau wir denn bezahlen müssen. Er drückt uns eine Quittung in die Hand, kann aber nicht wirklich erklären, für was das Geld ist. Die Quittung sieht nicht amtlich aus, sondern einfach ausgedruckt und kopiert. Wir sagen, dass wir nicht bezahlen werden – doch der Typ lässt nicht locker. Um unser Auto versammeln sich weitere Leute, die alle behaupten, wir müssten diese Gebühr bezahlen, sonst können wir nicht weiterfahren. Wir haben heute echt schon genug diskutieren müssen, sodass wir dann schlussendlich das Geld bezahlen und weiterfahren. Doch wir glauben bis jetzt nicht daran, dass diese Strassensperre wirklich von Amtes wegen dort steht. Viel eher geht das Geld in die Taschen von einigen Typen..
Naja, immerhin sind wir schon bald in Bitam und freuen uns, bereits dem nächsten Beamten gegenüberzutreten. Auch dieser stellt uns Fragen und meint dann, er bräuchte eine Kopie von unserem Pass und unseren Visas. Wir sagen ihm, dass er die Kopien gerne machen dürfe, wir hätten nichts dagegen. Daraufhin sagt er, dass wir die Kopien selbst bringen müssen – falls wir sie nicht schon hätten, auf der gegenüberliegenden Strassenseite hat es gleich einen Copy shop (wahrscheinlich von seiner Frau;). Lino macht klar, dass wir keine Kopien für uns brauchen. Falls also er welche will, um uns den Einreisestempel zu machen, soll er diese gefälligst selbst organisieren. Er verschwindet im Büro nebenan und kommt mit den Kopien zurück – sagt aber, dass sein Kopierer leider nicht die beiden Seiten des Passes auf eine A4 Seite kopieren könne, das aber notwendig sei. Als wir im Auto die Hotelbuchung holen müssen, nehmen wir gleich auch unseren Pritt mit, damit wir ihm die zwei Seiten aufeinanderkleben können – wir können uns auch auf dieses kindische Niveau herablassen. Zurück im Office ist dann plötzlich alles gar kein Problem mehr und wir erhalten ohne Umschweife unsere gestempelten Pässe. Sogar ein: „Bon voyage“ kommt dem Beamten schlussendlich noch über die Lippen. Dieser Grenzübertritt zeigt einmal mehr, dass sehr viele Spielchen mit den Touristen gespielt werden, immer in der Hoffnung, dass am Schluss etwas bezahlt wird, um den Zirkus zu beenden. Doch was wir haben, ist Zeit (und meistens Geduld), sodass die Beamten bei uns solange spielen können wie sie wollen – wir bezahlen nicht.
Total geschafft machen wir uns nun auf zu einem wilden Übernachtungsplatz von iOverlander, mitten im Dschungel. Einige Locals laufen oder fahren vorbei, sind alle freundlich. Es scheint sich
niemand daran zu stören, dass wir hier sind. Als wir bei Abenddämmerung draussen auf unseren Stühlen sitzen und lesen, nähert sich ein Mann mit einer Motorsäge in der Hand. Etwa 10 Meter vor uns
bleibt er plötzlich stehen und starrt uns an. Im Zickzack, als wäre er betrunken nähert er sich uns langsam. Ich werde nervös und sage Lino, dass wir besser ins Auto gehen. Langsam stehe ich auf,
um den Mann nicht noch weiter zu verunsichern, und gehe mit dem Stuhl zum Auto. Auch Lino folgt mir langsam, bleibt aber draussen vor Afrex stehen. Als der Mann nur noch wenige Meter von uns
entfernt ist sagen wir so freundlich wie möglich: „Bonsoir“. Der Mann erwidert zwar unsere Begrüssung, verhält sich aber noch immer sehr merkwürdig. Dann sagt er uns, dass er Angst vor uns habe,
wer wir denn seien. Als wir erklären, dass wir Touristen sind, und er keine Angst vor uns zu haben braucht, beruhigt er sich etwas. Noch immer spricht er aber sehr laut, und wir vermuten, dass er
schon den einen oder anderen Palmwein intus hat. Schlussendlich gibt er uns sogar die Hand, erzählt aber, dass wenn er die Motorsäge nicht bei sich gehabt hätte, er einen Umweg durch den dichten
Wald genommen hätte, um nicht an uns vorbeilaufen zu müssen. Wir finden es schon fast ironisch, dass ein Afrikaner Angst vor uns hat – denn uns erging es im ersten Moment genauso, als wir ihn
gesehen haben. Nun bestätigen wir aber alle drei, dass wir gute Menschen seien und wünschen uns noch einen schönen Abend. Wir haben keine Lust mehr, draussen im stockdunkeln Wald zu sitzen und so
verkriechen wir uns in Afrex, wo wir einen Salat zubereiten.
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