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Über eine Woche Brazzaville

Hier in Brazzaville wollen wir unser (hoffentlich letztes) Visum für Angola beantragen. Das ganze stellt sich aber als zeitintensiver heraus, als gedacht. Am Montag laufen wir frischfröhlich und frohen Mutes zur Angola-Botschaft. Brazza ist ziemlich übersichtlich und wir können überall zu Fuss hin (ausser wir sind faul, dann nehmen wir ein Taxi) ;) Wir kommen also bei der Botschaft an und lesen eine Info an der Türe; die Botschaft bleibt Montag und Dienstag geschlossen, Grund dafür ist der Karneval in Angola. Na super, so werden wir mindestens noch bis Mittwoch in Brazzaville bleiben müssen. Immerhin haben wir einen guten Übernachtungsplatz und die Stadt ist soweit ganz angenehm. Am Mittwochmorgen versuchen wir also unser Glück und besuchen die Botschaft mit den üblichen Unterlagen. Der Botschafter erklärt uns, was wir sonst noch alles brauchen und dass wir die Gebühr fürs Visa auf einer bestimmten Bank einzahlen müssen. Mit dem Taxi quer durch die ganze Stadt fahren wir also zu dieser Bank und zahlen die 103 Dollar pro Person ein. Gleich auf der gegenüberliegenden Seite gibt es ein Cybercafé, wo wir die nötigen Unterlagen ausdrucken. Zusammen mit der Zahlungsbestätigung und dem den kompletten Papieren kehren wir zur Botschaft zurück. Dort sehe ich gerade den Botschafter in einem Auto davonfahren. Ich hoffe nur, dass wir unsere Unterlagen trotzdem abgeben können, denn sonst verzögert sich das Ganze noch viel mehr. Der nette Herr an der Rezeption sagt aber, dass der Botschafter gerade ausser Haus sei und wir auf ihn warten müssen. Als er dann zurück ist, studiert er unsere Papiere und meint, dass die Verbindung zu Luanda leider zurzeit nicht möglich sei und er deshalb das Visum heute nicht ausstellen könne. Er gibt uns eine Telefonnummer, wo wir uns am nächsten Tag erkundigen sollen. Da wir aber keine Kongolesische Nummer haben, tauchen wir am nächsten Tag einfach nochmals auf und hoffen, dass das Visum bereit ist – falsch gedacht. Der Rezeptionist sagt uns, dass es leider noch immer nicht geklappt hat mit der Internetverbindung und wir morgen wieder kommen sollen – ansonsten werde es halt Montag… Naja, so gut uns Brazzaville auch gefällt, irgendwann wissen wir auch nicht mehr, was wir noch tun sollen. Wir hoffen also, dass das Visum Morgen abholbereit ist – ansonsten machen wir einen Sitzstreik bei der Botschaft und lesen den ganzen Tag in unseren Tolinos :) Wir packen am Freitag zusammen, verabschieden uns vom Hippocampe. Zuversichtlich, dass wir das Visum erhalten und gleich weiterreisen können fahren wir mit Afrex zur Botschaft und parkieren vor der Türe. Der Sitzstreik war dann auch tatsächlich nötig, da das Visum um 11 Uhr noch immer nicht bereit war. Die Herren kommunizieren zwar nicht verständlich, wir hören jedoch heraus (oder vielleicht war es auch einfach nur das, was wir hören wollten), dass Techniker dabei sind, das Problem zu beheben – also das Visum heute noch ausgestellt werden kann. Lino ist ein bisschen kränklich und verbringt die meiste Zeit im Auto. Ich harre auf den unbequemen Besucherstühlen aus und lese fast ein ganzes Buch :) Um 15 Uhr merken wir, dass bei den Angestellten Aufbruchsstimmung herrscht. Man teilt uns mit, dass wir am Montag wieder kommen sollen. Heftiges Stänkern und Jammern unsererseits führt zwar zu einer Entschuldigung ihrerseits, nützt fürs Visum jedoch nichts. Deprimiert fahren wir zurück zum Hippocampe und hoffen, dort nochmals Unterschlupf zu finden. Der Guard ist überrascht, uns zu sehen, doch meint sofort, dass wir gerne nochmals hier stehen dürfen.

 

Was wir sonst so machen, wenn wir nicht gerade mit dem Visum beschäftigt sind: Wir besichtigen die vielen pompösen Statuen, Denkmäler und Gebäude, blicken über den Congo Fluss auf den nächsten Millionenmolloch genannt Kinshasa oder besuchen den Zoologischen Garten. Dort müssen wir eine kleine Eintrittsgebühr bezahlen. Mit einem schönen Zoobesuch hat dies hier nichts zu tun. Die Tiere werden auf engstem Raum in betonierten Käfigen gehalten. Keinen Schlafplatz, keine Beschäftigung, kein Licht erhalten diese Tiere hier… Nachdem wir einige Tiere fotografiert haben macht uns der Angestellte des Zoos darauf aufmerksam, dass Fotos eigentlich nicht erlaubt seien. Der ganze Garten soll im nächsten Jahr völlig neu strukturiert und ausgebaut werden – wir finden, dass vor allem die Tierhaltung verbessert werden sollte!

 

Unsere Zeit in Brazzaville nutzen wir, um unsere überschüssigen CFA’s zu wechseln, da die Republik Kongo das letzte Land ist, wo der benutzt wird. In der Demokratischen Republik Kongo haben sie eine eigene Währung und dann in Angola, Namibia und Südafrika herrschen der Dollar und Rand. Bei der Bank erhalten wir einen sehr schlechten Kurs, sodass wir uns vom Taxichauffeur zum „Beach“ fahren lassen, wo schwarz getauscht wird. Nach dem dritten Tauscher erhalten wir endlich einen akzeptablen Kurs und stimmen dem Tausch sofort zu. Doch als wir unsere CFA’s zählen sehe ich, dass auch der Tauscher seine CFA’s zählt. Da gab es wohl ein Missverständnis, und der Kurs ist plötzlich doch nicht mehr so gut für uns wie gedacht. Wir wechseln trotzdem einige CFA’s in Dollars. Anscheinend ist der Dollar in Angola sehr gefragt, weshalb wir dort dann bestimmt unser Währungsdefizit wieder aufholen können.

 

Zudem geniessen wir die vielen guten Restaurants in der modernen Stadt und gönnen uns das eine oder andere Dinner. Beim Hotel Hippocampe gibt es wunderbar schnelles Wifi, sodass wir einige Anrufe mit unseren Freunden und Familien machen können. Die Guards schauen super zu uns, ich denke sie sind froh, Overlander hier zu haben, das gibt ein bisschen Abwechslung in ihren sonst eher langweiligen Alltag.

 

 

Am Samstagabend spricht mich ein älterer Kanadier an. Er ist mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs und reist schon längere Zeit durch Afrika. Es freut mich, endlich wieder einmal auf einen Reisenden zu treffen. Nach fünf Minuten fährt ein Overlander-Töff mit spanischer Nummer auf den Platz – wird ja immer besser! Raul fährt von Spanien nach Südafrika, er ist jedoch erst einen Monat, also ziemlich schnell, unterwegs. Später am Abend klopft es an unsere „Haustüre“ und Raul steht mit einem Typen und zwei Frauen aus Brazzaville da. Anscheinend kennt Raul’s Frau diesen Mann, Willy. Die drei Kongolesen sind alle sehr erstaunt und beeindruckt von unserer Reise. Willy’s Frau ist Protokollführerin im Aussenministerium in Brazzaville. Sie kann es kaum fassen, dass wir schon so lange auf das Angola Visum warten müssen. Anscheinend kann sie etwas Druck machen und meint, dass es am Montag klappen wird. Zudem kennt sie Leute beim Fernsehen und möchte gerne, dass wir zu unserer Reise vom Télécongo interviewt werden. Wir sagen zu, dass wir am nächsten Tag ein Interview geben würden. Raul hält den Kontakt zu Willy, der uns dann über das weitere Vorgehen informieren wird.

 

Am Sonntagmorgen machen wir mit Raul einen 12 Kilometer langen Spaziergang zu den Strom-Schnellen des Kongo. Der Kongofluss trennt die beiden Länder Republik Kongo und Demokratische Republik Kongo. Die beiden Hauptstädte Brazzaville und Kinshasa liegen beide am Fluss, doch eine Verbindungsbrücke gibt es nicht. Während dem Spaziergang kommt Lino mit einem Lokalen ins Gespräch und der erzählt, dass Brazzaville keine Brücke bauen möchte. In Kinshasa, wo etwa 12 Millionen Leute wohnen, sei die Kriminalität sehr hoch und durch eine Brücke würden viel zu viele Leute nach Brazzaville, mit etwa 1 Million Einwohner, kommen. Sie haben Angst, dass die Sicherheit dann auch hier in Gefahr wäre.

 

 

Als wir von unserem Spaziergang zurückkommen, haben wir eine kurze Verschnaufpause, bevor das Fernsehteam vorbeikommt – jetzt werden wir berühmt! :)  Jeder muss einzeln vor der Kamera ein paar Fragen beantworten und von seinen Erfahrungen berichten. Dazu erhalten wir ein Ansteckmikrofon ans T-Shirt und werden von einer Kamera und einer Drohne gefilmt. Danach möchten sie filmen, wie Raul und wir eine Runde mit unseren Fahrzeugen drehen. Doch wir sind ja hier voll eingerichtet und haben das Dach aufgeklappt. Raul dreht alleine einige Runden auf seiner Yamaha und von Afrex werden ein paar Fotos geschossen.

 

Nach diesem Filmerlebnis werden wir von Willy zum Essen eingeladen. In seinem luxuriösen Land Cruiser Prado fahren wir aus der Stadt heraus in ein anderes Viertel. Die Fahrt ist klimatisiert kühl und angenehm, es hat auf der Rückbank für jeden Passagier einen Fernseher und vorne in der Mitte gleich nochmals einen riesigen Screen wie in einem Tesla. Wir können die vorbeiziehende Stadt bestens beobachten, uns sieht man jedoch durch die rundum schwarz getönten Scheiben nicht. Ich finde es ziemlich extrem, in so einem Luxusschlitten durch Brazzaville zu fahren. Hier wohnt arm und reich sehr nahe beieinander und ich komme mir in diesem Auto ein bisschen doof vor – aber eine Erfahrung reicher sind wir definitiv! Beim Resti bestellt Willy für uns insgesamt drei verschiedene Fische, Schildkröte, Maniok, feuilles de Maniok und ein Aubergine-ähnliches Gemüse. Wir sind etwas skeptisch, was die Schildkröte angeht – immerhin haben wir das noch nie gegessen. Aber wenn probieren, dann hier in Afrika. Willy meint, es sei sehr lecker und wir sind ja schliesslich mutig. Tatsächlich schmeckt uns das Schildkröten-Fleisch sehr gut, auch die Flussfische finden wir lecker. Die Beilagen treffen jedoch alle nicht so unseren Geschmack – wir lassen uns aber nichts anmerken, denn wir sind ja hier eingeladen. Im Restaurant hat es zwei Komiker, die sich als Superman und Ratte verkleidet haben. Der eine hat sich noch dunkler geschminkt, das finde ich witzig. Die beiden klauen auf humorvolle Weise von Raul eine Zigarette nach der anderen. Auch unsere Reste, die wir nicht mehr fertigessen können, nehmen sie gerne entgegen.

 

 

Am Montag holt uns Willy (in Schale) ab und wir lassen uns von seinem Chauffeur zur Botschaft kutschieren. Mit seinem Einfluss müssen wir gar nicht erst bei der Rezeption Platz nehmen sondern werden direkt zum zuständigen Beamten weitergewunken. Das Personal in der Botschaft verhält sich uns gegenüber nun wie ein umgedrehter Handschuh. Unsere Pässe mit den Visas erhalten noch einen Prägestempel, dann halten wir sie endlich in den Händen! :) So schnell geht das also, wenn man eine „wichtige“ Person dabei hat… Jetzt warten wir nur noch darauf, dass Raul sein Visum erhält!

 

 

In den letzten Tagen haben wir mit Raul und Willy oft über die Weiterfahrt gesprochen. Das einfachste wäre, von Brazza mit einer Fähre nach Kinshasa zu fahren. Wir haben aber gelesen, dass dies nur mit Motorrädern möglich ist – und uns deshalb bereits die Route, welche wir machen müssen zurechtgelegt. Nur enthält dieser Umweg einen ziemlich grossen Anteil an schwierigen Passagen, welche im Regen kaum zu bewältigen sind. Willy meint, es gäbe bestimmt eine Möglichkeit, auch unser Auto auf die Fähre zu bringen, damit wir direkt von hier nach DRC einreisen können. Immerhin würde der Präsident jeweils auch mit seinem eigenen Auto nach Kinshasa verschifft werden - er beginnt, gleich herumzutelefonieren und wir sind gespannt was dabei herauskommt. Möglich hin oder her – gemäss Stories anderer Reisenden ist es eine ziemlich anstrengende und teure Überfahrt, da an beiden Uferseiten stark verhandelt werden muss. Weil Afrex schliesslich auf- und abgeladen werden muss und wir zwischen zwei Ländern sind, wären wir definitiv am kürzeren Hebel. Willy ist jedoch zuversichtlich, dass er etwas Gutes für uns organisieren kann.

 

 

Am Montagabend hat Raul sein Visum noch nicht erhalten. Auch bei ihm hat die Botschaft als Grund die Informatikprobleme genannt – es kann also vielleicht noch einen Tag, aber auch eine Woche dauern. Wir beschliessen, am nächsten Tag früh morgens Richtung Demokratische Republik Kongo zu fahren. Es hat nun einige Tage nicht geregnet, was für die schwierige Strecke eine Voraussetzung ist. Zudem haben wir erfahren, dass Angola-Einreisende, welche in Nigeria waren zuerst 14 Tage in die Quarantäne gesteckt werden oder überhaupt nicht ins Land gelassen werden. Wir möchten also schnellstmöglich durch DRC fahren, damit wir noch vor diesem Zirkus in Angola sind – mal schauen, ob wir es „rechtzeitig“ schaffen.  Raul versteht unsere Entscheidung, und wir geniessen den letzten gemeinsamen Abend in Brazzaville bei einem Bier.

 

LinOlivia & Raul im telecongo (ab Minute 26)

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Kommentare: 1
  • #1

    Bernie (Freitag, 20 März 2020 21:28)

    ooh Oli das Avocado Brötli macht dich aber glücklich :):) so schööön.

    de Zoo hingege isch echt scheisse :( :(