In Humpata gefällt es uns sehr gut. Die Familie ist so herzlich und schaut sehr gut zu uns. Fernandu, der Grossvater, bietet uns an so lange zu bleiben wie wir möchten… Einige Tage, Wochen oder auch Monate – wir seien bereits adoptiert :) Fernandu und Paula haben zusammen 10 Kinder, von denen 6 hier auf dem Grundstück wohnen. Die älteren Töchter haben selber bereits schon wieder Kinder, sodass die kleinen Geschwister zum Teil schon jünger sind als die eigenen Kinder. Kompliziert, was?! Jedenfalls ist es eine sehr grosse Familie und wir durchschauen nicht immer ganz, wer zu wem gehört, was aber hier auch nicht so wichtig ist! Familie ist Familie, egal ob Tochter, Enkelin, Neffe oder einfach nur dahergefahrene Schweizer – es gehören alle zusammen :) Hier in Humpata wird gerne mal ein Bier (meist bleibt es nicht bei einem..) getrunken. Fernandu schwingt sein Tanzbein und da seine Frau und Tochter nicht mit ihm tanzen wollen, komme ich in den Genuss... Auch Lino muss mal wieder daran glauben und mit mir tanzen. Wir werden fleissig bekocht, es gibt leckeres Gazellenfleisch aus dem Iona Nationalpark. Manchmal versuchen wir, uns etwas zurückzuziehen, um zu telefonieren oder einfach mal ein paar Minuten zu lesen. Doch oft werden wir gleich wieder von irgendjemandem geholt, weil ein weiteres Essen auf dem Tisch steht. Es ist schwierig, sich hier zu revanchieren, wir schaffen es aber, für die ganze Sippe Spaghetti Bolognese zu kochen. Den einen ist es zwar ein bisschen zu scharf, doch insgesamt verschlingen sie die Teigwaren. Am Abend werden wir ins Haus der einen Tochter, Neide, eingeladen. Dort tischt sie uns einen gefrorenen Krebs auf. Wir sitzen davor uns wissen nicht, was wir damit sollen – der muss doch noch gekocht werden? Neide setzt sich neben uns und zeigt uns, wir man die Krabbe isst. Anscheinend ist der bereits gekocht, aber dann wieder eingefroren worden. Lecker ist er schon, aber so gefroren trifft es nicht ganz unseren Geschmack. Vor allem bei dem gefrorenen Rogen kostet es einiges an Überwindung… Nachdem wir zusammen einen Krebs geschafft haben, lehnen wir den zweiten dankend ab J Neide und ihr portugiesischer Freund, Dilson, wollen uns mit in die Dorfbar nehmen, um das angolanische Nachtleben zu geniessen. Wir sind jedoch müde und finden es auch keine besonders gute Idee, noch mehr unter Leute zu gehen, weshalb wir die Einladung ablehnen. Sie sind zwar enttäuscht, bieten uns aber dann an, am Montag zusammen zur Tundavala-Felswand zu fahren. Das finden wir eine tolle Idee, denn dahin wollten wir sowieso noch. Von anderen Reisenden haben wir erfahren, dass momentan in einigen afrikanischen Ländern die lokale Bevölkerung aggressiv auf Weisse reagiert, weil sie glauben, wir bringen den Coronavirus. Bis jetzt haben wir selbst noch keine solche Erfahrung machen müssen – doch sind wir uns dieser Problematik durchaus bewusst. So ist es vielleicht sowieso besser, wenn wir noch einige Tage hier im sicheren Humpata bei der Familie bleiben, bevor wir weiterreisen.
Am
zweiten Morgen empfängt uns ein ordentliches Empfangskomitee, diesmal jedoch nicht aus der Familie. Schon von weitem sehen wir zwei Landcruiser daher fahren die nach Behördenfahrzeugen aussehen. Das
Gesundheitsamt stattet uns mit ca. 10 Leuten mit Mundschutz und Handschuhen einen Besuch ab und will wissen was wir hier machen, woher wir kommen und wohin wir gehen. Unsere Temperatur wird ebenfalls
gemessen, die ist aber in Ordnung. Nach dem alles geklärt ist sind die Leute sehr freundlich und versichern uns auch dass wir uns weiterhin frei im Land bewegen dürfen. Später kommt auch noch der
Dorfpolizist vorbei, scheinbar haben misstrauische Nachbarn Meldung gemacht. Er kopiert unsere Pässe und nimmt unsere Telefonnr. auf. Ansonsten ist aber auch alles in Ordnung. Am Nachmittag
schleichen die Kinder wie üblich um uns und unser Auto herum. Es kommt nicht oft vor, dass sie ausländischen Besuch hier haben und so sind sie natürlich sehr an uns interessiert. Der Kleinste,
Vaudinei, steht vor der Tür und fragt auf Portugiesisch etwa zehnmal, ob er reinkommen darf. An und für sich haben wir nichts dagegen, wenn er sich in Afrex kurz umschauen will – doch wie wir die
Kinder hier kennen, wollen dann alle kommen und auch möglichst lange bei uns bleiben. Vaudinei fragt aber so lieb, dass ich es ihm nicht ausschlagen
kann, so setzt er sich neben mich und strahlt wie ein Honigkuchenpferd. Kurz darauf – wär hätte das gedacht – kommt ein Kind nach dem anderen und gesellt sich zu uns, so dass wir bald eine ganze
Kinderschar im Auto haben
:)
Social disctancing ist hier also noch weit weg… Die Kinder sind süss, doch wir können uns kaum mit ihnen unterhalten – unser Portugiesisch ist (noch) zu schlecht, und um Google Translate zu
bedienen sind die Kids noch zu klein.
Am Montag nehmen uns Neide und Dilson wie versprochen mit zu der Tundavala-Felswand. Mit seinem Mahindra Pick-up fahren wir über Lubango (wo er uns noch die Cristo-Rei Statue zeigen wollte, die wir ja aber bereits gesehen haben) nach Tundavala. Das Wetter ist heute leider nicht auf unserer Seite. Es ist neblig und regnerisch, die Aussicht also kaum zu geniessen. Nur kurz drückt die Sonne durch und wir erhaschen einen Blick in die Tiefe, 1‘000 Meter geht es hier runter. Heute ist in Angola ein nationaler Feiertag, das Ende des Bürgerkrieges jährt sich. So kommen auch noch andere Touristen nach Tundavala. Da die Familie in Humpata nur Regenwasser sammelt, und keinen Brunnen hat, sieht es mit unserem Wasservorrat langsam schlecht aus. So halten wir auf dem Rückweg in Lubango bei einem Supermarkt, wo wir Wasser einkaufen. Vor dem Laden müssen wir anstehen und die Hände desinfizieren, es werden immer nur 4 Personen gleichzeitig in den Supermarkt gelassen. Neide und Dilson begleiten uns im Laden, doch es ist eine spezielle Stimmung. Denn bei einigen Sachen, die wir einkaufen meint Dilson, es sei viel zu teuer, wir sollten das nicht kaufen. Irgendwann meint er dann aber, wir sollten unseren Einkauf in Ruhe machen, wir werden uns bei der Kasse dann wieder treffen. Wir sind froh, dass uns nicht mehr ständig auf die Finger geschaut wird. Für die Familie ist es im Supermarkt sehr teuer, und sie kaufen nur sehr wenige Produkte, die sie sonst nicht finden, hier ein. Ansonsten haben sie vieles im eigenen Garten oder kaufen es in Grossmenge bei einem Händler im Dorf. Unser Einkauf kostet etwa 30 Franken, was für uns ganz normal ist – doch Neide muss für dieses Geld 2 Wochen arbeiten – schon verrückt diese Ungleichheit… Nach der Einkaufstour bieten wir den zweien an, sie auf ein Mittagessen einzuladen. Wir fahren in ein anderes Einkaufszentrum, wo wir im Restaurant einkehren. Dilson will uns nicht zahlen lassen, doch wir bestehen darauf – die Familie hat schon so viel für uns getan, wir wollen uns gerne revanchieren. Im Restaurant stellen wir bereits zwei Stühle zu unserem Tisch, sodass wir zusammen sitzen können. Doch die Kellnerin meint, wir dürfen wegen dem Coronavirus nicht zu viert an einem Tisch sitzen. Nach dem Essen wollen uns die beiden noch die Serra da Leba zeigen. Es ist eine Passstrasse, die von einem Aussichtspunkt aus gut zu besichtigen ist. Auf dem Weg dahin gibt es eine Kontrolle, wo wir alle aussteigen und Temperatur messen müssen. Niemand ist fiebrig, und so dürfen wir weiterfahren. Beim Aussichtspunkt angekommen regnet es ziemlich heftig, doch zum Glück ist die Sicht auf den Pass frei. Das erste Mal kann ich meine Regenjacke hier in Afrika wirklich gebrauchen, ist ja auch mal schön, habe sie nicht umsonst mitgenommen… :) Zurück in Humpata kommen gerade die Kinder der Familie aus dem Dorfladen und springen auf die Ladefläche des Pick-ups. Auf dem Hof kommen uns alle entgegen und wollen wissen wie’s war: Uns hat der Ausflug gut gefallen!
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Schwizer Margrit (Montag, 30 März 2020 13:18)
10 Kinder??
Tobi (Dienstag, 14 April 2020 07:40)
Rasselbandi!! Sehr spannendi blogs:))) gueti reis